Die Lieferkette steuern
Die künftige Kernaufgabe der Erstausrüster wird sich von der Steuerung der Fabrik hin zur Steuerung der Lieferkette bewegen. „Wir werden niemals störungsfrei produzieren können, aber innerhalb der verschiedenen Baugruppen eine viel höhere Transparenz erreichen, um die Fabrik optimal aussteuern zu können. Die meisten Hersteller wissen bis Tier-1 und Tier-2 Bescheid, was an Waren verfügbar ist. Sie müssen aber sicherstellen, dass sie keinen Lieferabriss haben“, sagt Agostini.
Das bedeutet: mehr Vernetzung. Und damit stellt sich die Frage nach dem Zugriff auf und den Besitz von Informationen. „Wir bewegen uns weg von der klassischen Serverstruktur hin zu Clouddiensten. Dort, wo sich unsere Clouddienste mit einem OEM-System vernetzen, bekommen nur bestimmte Projektmitarbeiter eine Zugangsberechtigung. Bei jedem Projekt treffen wir mit dem Kunden individuelle Regelungen“, so Geschäftsführer Markus Glaser-Gallion.
Für ein flexibles Fabrikkonzept für E-Fahrzeuge nutzt das Unternehmen unter anderem fahrerlose Transportsysteme, die die geforderte Traglast gewährleisten können. Weil ein Elektrofahrzeug derzeit häufig schwerer ist als ein Auto mit Verbrennungsmotor, kommen in manchen Fabriken Linienabschnitte mit klassischer Fördertechnik teils an ihre Grenzen.
Basis: Software
Insgesamt hat die verwendete Software große Bedeutung, zum Beispiel um eine ganze Endmontage-Fabrik zu planen, auszutakten und dreidimensional zu simulieren. Oder um eine transparente Lieferkette abzubilden. Das kann zum Beispiel das Überwachen von Schutzgas-Schweißprozessen beim Zulieferer sein. Die dafür verwendete Software „ist bei einem ersten OEM in der Validierung. Wenn die Profile und Gussteile miteinander verschweißt werden, können wir schon im Vorgang online die Naht beurteilen und so zum Beispiel eine Nacharbeit veranlassen“, sagt Agostini.
Um Roboterzellen zu optimieren, hat Leadec eine eigene Software namens „robControl“ entwickelt. Mit ihr lasse sich die Taktzeit in der Regel um bis zu 15 Prozent reduzieren. Die Besonderheit der Software: Bereits während der virtuellen Inbetriebnahme könnte sie die Abläufe inklusive der Steuerung simulieren, die Geometrie komplett abbilden und somit die Taktzeit ermitteln und Kollisionen ausschließen.
Für Thyssen Automotive Systems steuert und überwacht Leadec die Montagelinien weltweit. „Wir bekommen Lieferabrufe von der Kundenfabrik, die in Fertigungsaufträge aufgelöst werden. Mit der Software steuern wir die Arbeitsaufträge in den einzelnen Linien – indem wir die Betriebsmittel individuell ansteuern und überwachen. Den Fertigungsfortschritt prüfen wir dabei kontinuierlich mittels „Track&Trace“. Bei Abweichungen initiieren wir die notwendigen Schritte.
Mit der Software können wir in nur vier Stunden Arbeitsstationen softwaretechnisch verlagern oder neue Betriebsmittel einbinden; normalerweise dauert das mehrere Tage bis Wochen“, sagt Agostini.
Dieser Beitrag ist am 01.04.20 zuerst auf automobil-industrie.vogel.de erschienen.