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Good Vibrations: mit einem Hackathon zur Lösung

Keine Maschine läuft wie die andere, selbst dann nicht, wenn sie identisch sind. Da ist es gar nicht so einfach, Anomalien von Schwingungsdaten aufzudecken. Ein intelligenter Algorithmus kann helfen. Geboren im diesjährigen Hackathon von ICNAP.  

In einer idealen Produktionswelt gelten ideale Regeln: Baugleiche Maschinen arbeiten identisch, verschleißen synchron und richten sich auch bei ihren Schwingungen nach gewissen Normen. Genauer gesagt nach der ISO 10816, die vorgibt, welche Standardschwellenwerte für Schwingungssensoren gelten sollen. Doch die Realität sieht anders aus: „Solche Schwellenwerte sind zwar ein guter Ausgangspunkt, wenn es um einen Alarm geht“, sagt Andreas Zeller von der Smart Factory Group. „Sie spiegeln aber nicht die realen Sensoranwendungen und Installationen wider, insbesondere wenn mehrere Sensoren an ähnlichen Maschinen überwacht werden.“  
 

Sensoren sind sensibel   

Das hängt unter anderem mit deren Einbaulage und Ausrichtung zusammen, aber auch ganz anderen Faktoren. So ist beispielsweise der Verschleißzustand der eingesetzten Werkzeuge in Zerspanungsmaschinen mit dafür verantwortlich, ob die Maschine „rund“ läuft – oder eben nicht. Das Alter und der Nutzungsgrad des Kühlmittels können eine Rolle spielen oder die Überlagerung von Pick-and-place-Bewegungen auf das individuelle Schwingungssignal. Das überfordert die sensiblen Sensoren, die doch eigentlich nur zuverlässig auf ein Signal reagieren wollen.  

 

Individuelle Nulllinie statt Standard 

Wie kann es also gelingen, die richtigen Daten zu filtern? Das Zauberwort: maschinelles Lernen. Dabei geht es darum, dass die IT-Systeme selbst anhand vorhandener Daten bestimmte Muster erkennen und letztlich Lösungen entwickeln. Übertragen auf die Schwingungen von Maschinen bedeutet das, einen Algorithmus zu entwickeln, zu verifizieren und einzusetzen, der in der Lage ist, durch Lerndaten aus der ersten Woche nach einer Wartung oder Installation der Maschine individuelle Schwellenwerte zu generieren. Andreas Zeller: „Die Aufgabe für den ICNAP-Hackathon bestand darin, einen Algorithmus zum dynamischen Setzen von Alarmschwellen zu liefern. Sozusagen eine individuelle Nulllinie.“ 

Ein Wochenende Köpferauchen

Für Tim Klaas vom Hacker-Team „TUBOT“ aus Berlin war genau diese Fragestellung ein besonderer Reiz: „Wir sind alle absolut begeistert vom Machine Learning und wussten gleich, dass wir uns damit auseinandersetzen wollen.“ TUBOT setzt sich zusammen aus „TUB“ der Technischen Universität Berlin sowie „BOT“ für Robotik. Das fünfköpfige Team – bestehend aus vier Elektrotechnikern sowie einer Informatikerin – prüfte vier unterschiedliche Methoden und setzte für die Lösung der Aufgabe letztlich auf einen Autoencoder. Dieses künstliche neuronale Netz komprimiert die Eingangsdaten zunächst und rekonstruiert sie daraufhin wieder. Dabei entsteht ein Rekonstruktionsfehler, mit Hilfe dessen das Netz trainiert wird. Die besondere Schwierigkeit bestand darin, dass nicht offensichtlich war, wie eine Anomalie aussieht, da nur fehlerfreie Trainingsdaten vorhanden waren. „Wir haben daher den Algorithmus mit Hilfe der Trainingsdaten aufgebaut, sodass fehlerfreie Daten richtig rekonstruiert werden, im Anomalie-Fall jedoch ein Rekonstruktionsfehler entsteht. Das gleiche Prinzip ließ sich außerdem mittels Principal-Component-Analysis noch einmal wesentlich effizienter in Bezug auf die Trainingszeit umsetzen“, sagt der Master-Student Klaas. Und die Mühe hat sich ausgezahlt: Obwohl es der überhaupt erste Hackathon für die Studierenden von TUBOT war, konnten sie mit ihrer Lösung die Leadec-Jury überzeugen. „Wir sind wirklich beeindruckt, mit welcher Präzision und welchem fachlichen Know-how hier gearbeitet wurde. Jetzt wollen wir eine noch weiter optimierte Variante auch an unserer Installation umsetzen“, sagt Andreas Zeller.  

Digitaler Hackathon als fruchtbarer Boden

Leadec ist seit 2020 Mitglied des International Center for Networked, Adaptive Production (ICNAP) und schätzt die Plattform für den Austausch der Community aus Industrie und Wissenschaft. Der Hackathon gehört seit Jahren zum festen Programm im Rahmen der Hannover Messe und auch wenn er digital ausgetragen wurde, nimmt Tim Klaas viel mit: „Es ist immer spannend an konkreten Use-Cases wie diesem von Leadec zu arbeiten. Wir wenden unser theoretisches Wissen in der Praxis an und nehmen neue Erkenntnisse mit – sicher auch für kommende Hackathons.“  

 

Neben Tim Klaas gehören zum Team TUBOT Marvyn Bornemann, Christian Hegeler, Hannes Lorkowski und Kyra Kerz.  

 

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